Paleo- bzw. Steinzeitdiät: Genial oder totaler Quatsch? (1)

Paleo- bzw. Steinzeitdiät: Genial oder totaler Quatsch? (1)

Allein in den USA schwören mehr als 3 Millionen Menschen auf die Paleo- bzw. Steinzeitdiät. Grund genug für mich, diese Diätform mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Ursprünge der Paleo-Idee

Der Begriff Steinzeitdiät wurde im Jahr 1975 durch Walter L. Voegtlin eingeführt. Verbreitung fand es durch sein gleichnamiges Buch „The stone age diet: based on in-depth studies of human ecology and the diet of man“.

Die Paleodiät basiert auf der Annahme, dass die Nahrungsverwertung der Menschen genetisch vorprogrammiert sei. Und dies noch von den Anfängen der Lebens- und Essgewohnheiten der Gattung Homo. Voegtlin bezog sich auf die vermutete Ernährung der Alt-Steinzeit (ca. vor 2 Millionen bis vor 20.000 Jahren): Unsere Vorfahren waren, wie wir alle wissen, Jäger-und-Sammler und haben sich entsprechend von Fleisch, Fisch, Beeren, Nüssen, etc. ernährt. Vieles davon wurde roh und unverarbeitet verzehrt. Zu dieser Zeit, so die Verfechter der Diät, gab es kein Übergewicht. Die Menschen seien Gesund und leistungsfähig gewesen. Ergo: Erst die Erfindung der Landwirtschaft vor rund 12.000 Jahren, sowie die erst kürzlich überhandnehmende Industrialisierung der Nahrungsmittel, führten zur weit verbreiteten Fettleibigkeit der heutigen Zeit. Daraus resultierten dann diverse Krankheiten, wie beispielsweise die Insulinresistenz oder Diabetes Typ 2. Leider kann aus Knochenfunden nur bedingt Schlüsse gezogen werden , wie es wirklich um die Blutwerte und inneren Organe unserer Vorfahren stand. Daher stützen sich die Theorien zu Paleo eher auf Studienergebnisse zu heute lebenden Völkern, die sich als Sammler und Jäger noch ähnlich ernähren, wie es in der Steinzeit der Fall war.

Die Gene des heutigen Menschen, so die Theorie der Paleo-Verfechter, hätten seit der Einführung dieser Nahrungsmittel nicht genug Zeit gehabt sich an die neue Ernährung anzupassen. Anders ausgedrückt: Unsere heutige Ernährung entspricht nicht den molekularen und biochemischen Bedürfnissen des Menschen. Die Anhänger der Paleo Diät verzichten daher komplett auf Getreide (somit auf Brot, Nudeln, etc.), Kartoffeln und Bohnen, Milchprodukte, Alkohol sowie auf alle industriell verarbeiteten Nahrungsmittel.

Ein kurzer Faktencheck zur Theorie

Tatsächlich bestand die Nahrung der ersten Homo-Arten, die vor 2 bis 4,5 Millionen Jahren Afrika besiedelten, nach aktuellem Wissensstand wohl hauptsächlich aus Nüssen, Gräsern und Knollen. Darauf weisen etwa die Fossilien von „Lucy“ hin, unserem berühmten Vorfahr aus Äthiopien.

Es gibt auch Funde, die nahe legen, dass sich unsere Vorfahren auch schon früh von Fleisch (vermutlich kleine Tiere oder Aas) ernährten. Somit ist die Theorie der „Urprogrammierung“ der menschlichen Gene auf die „Früchte“ der Sammler nachvollziehbar.

Vor ca. 2 Millionen Jahren änderte sich der Körperbau unserer Vorfahren. Sie konnten gehen und rennen und damit auch größere Beutetiere erlegen. Damit stieg auch Verzehr von Fleisch, wenngleich Untersuchungen dafür sprechen, dass der Jagderfolg bei weitem nicht ausreichend war für regelmäßigen Fleischverzehr. Spätestens jedoch beim Neandertaler, der vor 130.000 bis 30.000 Jahren lebte, spielte Fleisch eine sehr wichtige Rolle in der Ernährung.  Die Spezies des Homo, die sich vermehrt von Fleisch ernährte, setzten sich durch, die anderen starben aus. Damit muss damals schon eine erste Umprogrammierung stattgefunden haben, hin zu einer sehr „fleischlastigen“ Ernährung.

Wesentlich früher als von den Vertretern der Steinzeitdiät propagiert (sie sprechen von vor ca. 12.000 Jahren), begannen unsere Vorfahren Getreide in deren Ernährung aufzunehmen. Funde beweisen, dass Getreide in Afrika offenbar seit weit über 100 000 Jahren gegessen wurde.

Auch der Neandertaler ernährte sich bereits von Hülsenfrüchten und Grassamen, er kochte diese sogar.

Forscher der Universität Chicago fanden heraus, dass sich in den letzten 10.000 Jahren mehr als 700 Genregionen verändert haben. Sie fanden im Erbgut von Europäern, Afrikanern und Asiaten viele veränderte Gene, auch welche das Verdauungssystem betreffen.

Die Aussage, dass die genetische Programmierung des menschlichen Körpers seit Einführung der Landwirtschaft nicht genug Zeit hatte, sich an die veränderte Ernährung anzupassen, ist somit nicht haltbar.

Zwischenfazit

Wie so häufig wird um einen neuen Diät-Trend eine Geschichte bzw. Theorie gesponnen, die sehr lückenhaft, nicht bestätigt, oder sogar falsch ist.  Ob die Grundidee der Vertreter der Steinzeitdiät korrekt ist – die Ernährung der (Alt-)Steinzeit sei für den menschlichen Körper besonders verträglich – erläutere ich später. Richtig ist aber: Zumindest Teile der „modernen“ Ernährung sind für unseren Körper nicht optimal, oder sogar schädlich.

Genug geschrieben für heute. Im 2. Teil dieses Blogbeitrags zum Thema „Was ist Paelo?“ und „Ist Paleo alltagstauglich?“ erfährst du in den nächsten Tagen wie Paleo genau funktioniert und ob Paleo gesund ist. Darüber hinaus hinterfrage ich, ob die Steinzeitdiät ethisch vertretbar ist, ob man mit dieser Ernährungsform abnehmen kann und – last but not least – ob Paleo alltagstauglich ist? Bis dann!

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